1. Home
  2. /
  3. Inseltürme
  4. /
  5. Der alte Westturm

Der alte Westturm

Für die Schifffahrt war der Verlust des alten Kirchturms, der auch als Seezeichen diente, von großer Bedeutung. So ersuchte die Bremer Kaufmannschaft bereits Fräulein Maria von Jever (1500-1575), für Abhilfe zu sorgen. Doch erst ihr Nachfolger, der Oldenburger Graf Johann VII. erkannte die Bedeutung, die dieser Turm auch als repräsentativer Beleg für den Machtanspruch im Bereich der Küstenschifffahrt und des Weserzolls erlangen konnte. Wangerooge war zusammen mit der Herrschaft Jever an die Grafschaft Oldenburg gefallen und nahm damit endgültig eine andere Entwicklung als die westlich gelegen ostfriesischen Schwesterinseln.

1597 wurde mit dem Bau des mächtigen Turmes begonnen, 1602 nahm er seinen Betrieb auf. Die beiden Spitzen konnten tagsüber von See her auch für die Peilung genutzt werden. Nachts wurde im höchsten Raum eine große Öllampe angezündet, deren Licht durch Spiegel verstärkt wurde. Zusätzlich wurde östlich des Dorfes im 17. Jahrhundert durch Graf Anton Günther ein weiteres Lichtsignal gesetzt.

Der als „Zweiter Westturm“ geltende Turm entwickelte sich zum Mittelpunkt des neuen Dorfes, zumal auch das mittlere Stockwerk als Kirchraum genutzt werden konnte. Im 17. und 18. Jahrhundert verlor die Insel im Norden und Westen weiter an Land; insbesondere die Fläche an gutem Kleiboden, der auch als Viehweide genutzt werden konnte, verringerte sich. Dies bedeutete für die Insulaner, dass sie nun vermehrt das Meer als Erwerbsquelle nutzen und als Fischer und Seefahrer ihr Brot verdienen mussten.

Stürme ließen die Insel um 1800 sogar in mehrere Teile zerfallen. So lag es auch im Interesse der Landesadministratorin Friederike August Sophie nach neuen Einkünften für ihre Insulaner zu suchen. 1804 überließ die Regentin den Bewohnern eine Badekutsche und ein Zelt, dass am Strand für mögliche Gäste aufzustellen sei.

Der Westturm von 1602 leistete wegen seiner Höhe von ca. 50 Metern im 18. sowie im 19. Jahrhundert auch wertvolle Dienste bei den damals durchgeführten Landesvermessungen. Am Turm war ein trigonometrischer Punkt angebracht, so dass in Verbindung mit anderen markanten Punkten auf der Insel Neuwerk und in Jever mittels Triangulation Vermessungen durchgeführt werden konnten. Bei der Vermessung des Königreichs Hannover durch die Gaußsche Landesaufnahme 1825 etwa hielt sich der große Mathematiker Carl Friedrich Gauß zu Messungen auf Wangerooge auf. Da der Turm durch den permanenten Wellenschlag bereits baufällig geworden war, konnten die oberen Stockwerke nicht mehr für die Messungen genutzt werden.

Mitte des 19. Jahrhundert war der Westturm sogar in seinen Fundamenten gefährdet. Neben der alten Hansestadt Bremen und der preußischen Marine hatte aber auch die Oldenburger Landessregierung immer noch großes Interesse am Erhalt des bedeutenden Seezeichens, so dass umfangreiche Instandsetzungsarbeiten um 1860 zu verzeichnen sind.

Am 23./24. Dezember 1914 wurde der alte Westturm im Ersten Weltkrieg gesprengt. Er sollte feindlichen Marineschiffen nicht als Seezeichen dienen.

In der Museumssammlung befinden sich auch Modelle und andere Erinnerungsstücke vom alten Westturm.